Der Bauernhof im Wolkenkratzer

Heute habe ich genug vom künstlichen Hackfleisch aus dem Bioreaktor, dem Gen-Reis und den proteinreichen frittierten Insekten – ich will endlich wieder ein saftiges Entenbrustfilet mit frischer Mango und knackigem Salat und Gemüse. Also auf in den 120. Stock des Green Towers zum Gourmetrestaurant unter freiem Himmel. Richard Sim, mein alter Freund und Chefkoch, begrüßt mich mit wissenden Lächeln und führt mich wie immer erst einmal durch die Biofarm in den Etagen darunter – eine Oase in der hektischen Stadt, bewirtschaftet von leise surrenden Robotern, die zwischen freilaufenden Hühnern und Enten herumkurven. Mangos und Bananen gedeihen hier ebenso wie Paprika oder Avocados … und das Beste ist der weite Blick aus dem Grün in die Stadt aus Stein und Stahl.

Biofarm und grüne Oase in luftiger Höhe – die Bauernhöfe von morgen? ©Siemens

Im Jahr 2050 werden in den Städten der Welt fast so viele Menschen leben wie heute auf der ganzen Erde. Doch wie lassen sich Megastädte mit 20 oder 50 Millionen Menschen mit Nahrung versorgen? Sicherlich nicht nur durch künstliche Nahrung oder über den Transport aus Hunderten von Kilometern Entfernung. Warum nicht frische Lebensmittel vom Farmhochhaus um die Ecke holen, wo sie auf jeder Etage angebaut werden? Es gibt so gut wie keine Transportkosten, man kann auf chemische Schädlingsbekämpfung verzichten, Sensoren steuern Licht und Luft, Nährstoffgehalt, Feuchtigkeit und Wärme, und es kann mehrfach im Jahr geerntet werden. Forscher und Architekten überall auf der Welt treiben solche Pläne voran – ob als vertikale Farmen oder schwimmende Landwirtschaftsinseln mit Naherholungspotenzial vor der Küste. Es bleibt spannend, wo dies zum ersten Mal realisiert werden wird: in Singapur, Seoul, Hongkong oder in New York?

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